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Die Fabel der eierlegenden Wollmilchsau

One-Fits-All passt zu Hüten, nicht zu Displays. So unterschiedlich die Industrien und deren äußere Bedingungen sind, so unterschiedlich sind Touch-Displays.

„Es war einmal ein Display…“ Sofern darauf nicht folgt „…, dass speziell entwickelt wurde für…“, muss bereits ab „ein“ von alternativen Fakten gesprochen werden.
Denn: So unterschiedlich die Industrien und deren äußere Bedingungen sind, so unterschiedlich sind Touch-Displays, die in industriellen Anwendungen zum Einsatz kommen. Sie können – oder müssen – sich sogar innerhalb eines Produktionsstand-ortes desselben Unternehmens unterscheiden. Darüber kann sich auch der Einkauf nicht hinwegsetzen, sofern er die Nutzbarkeit des Displays und des damit zu bedienenden Systems nicht drastisch verkürzen oder sogar in Frage stellen möchte. Schuld ist die Physik. Sie richtet sich nicht nach Wunschmaterialien oder technischen Vorlieben, sondern nach dem Umfeld, dass auf die verbauten Elemente wirkt. Folglich entstehen Abhängigkeiten zwischen Verwendung, System und äußeren Einflüssen, die gegenseitig auf sich wirken.

Touch ControllerAnti-Moire-Elektroden

Warum es keine One-Fits-All Lösung für Multi-Touch Displays in der Industrie geben kann

Dennoch stellen manche Hersteller verwundert fest, dass ihr Multitouch-Display, das anfänglich als HMI für einen Fahrkartenautomaten konzipiert wurde, beim Einsatz anderenorts dessel-ben Kunden nicht funktio-niert und mit Regressansprü-chen zurückkommt. In der Reparaturwerkstatt beispielsweise, konnte es dem ständigen Schmutz nicht standhalten oder begann sogar ein Ei-genleben zu führen. Ebenso häufig wird die Kombination von verbauten Elementen durch neue Anforderungen an neue Touch-Sensoren nicht neu bewertet und ent-sprechend suboptimal realisiert. Ändern Produktintegra-toren eine Komponente, heißt das nicht zwangsläufig, dass die anderen angepasst beziehungsweise neu aufeinander abgestimmt werden. So werden zum Beispiel für gebogene oder flexible Displays – oder deren Komponenten – altbewährte Materialien wie ITO-Keramik ein-gesetzt.

Mikro-Risse in einer ITO-Schicht durch zu starkes Biegen
Mikro-Risse in einer ITO-Schicht durch zu starkes Biegen

So eine ITO-Schicht (Indium Tin Oxide) ist zwar ein trans-parentes Material und der aktuelle Stand der Technik für preiswerte und transpa-rente leitfähige Strukturen. Jedoch ist es auch spröde und somit denkbar ungeeignet in solchen Anwendun-gen. Alternativen wie Silver- oder Carbon-Nano-Tubes und vie-le andere haben wiederum eigene Eigenschaften: Das führt zu einer neuen System-kombination. Ein Austausch der Teile nach dem Motto „alt zu neu“ ist nicht ohne Weiteres möglich. Doch selbst wenn das Display nicht ausfällt, kommt es mindestens zu Fehlinterpretationen. Sicher, bei Commodity-Displays wie beim Tablet oder Smartphone, hätte das keine wirklich dramatischen Konsequenzen. In industriel-len Anwendungen können falsche Befehle Welten un-terscheiden. Gerade bei Multitouch ist die Notwen-digkeit groß, Fehlinterpretati-onen gering zu halten. Der Algorithmus muss schlau sein, die Bedienungssicherheit auf den Prüfstand gestellt wer-den. Und der Fehlerfaktor Mensch ist bei all dem noch gar nicht eingerechnet.

 Multitouch ist nicht nur PCAP

Ein in der Industrie weit ver-breiteter Irrglaube ist, dass Multitouch als Synonym für PCAP (projected ca-pacitive) und damit als All-heilmittel für Displays gilt. Zum einen ist das schlichtweg falsch, zum an-deren benötigen Hersteller für funktionale Lösungen ohnehin mehr als nur die Zauberformel PCAP.
Sie müssen sich von der Vor-stellung lösen, dass alleine die Implementierung eines geläufigen Begriffes alle be-teiligten Parteien tatsächlich zufrieden stellen kann. Denn: PCAP ist eine technische Konfiguration, per Saldo eine Methodenbeschreibung und kein fertiges, fest definiertes Produkt. Abstrakter formuliert kann PCAP mit einem Auto verglichen werden.

Optical Bonding mit gefangener Blase
Optical Bonding mit "gefangener" Blase

Es hat je nach Modell unterschiedliche Konzeptionen, Motoren, Karosserien, Bremsen oder Ausstattungsmerkmale. So muss auch PCAP je nach Einsatzgebiet und Hersteller durch unterschiedliche Hardware und Prozesse realisiert werden. Am Ende gilt zudem auch für PCAP: Alles ist nur so gut, wie das System, in dem es verbaut ist. Nicht zu unterschätzen sind je nach Anwendungsgebiet unterschiedliche thermische Koeffizienten, die das System verbiegen können und damit erneut falsche Befehle an den Algorithmus geben. Hier hat PCAP tatsächlich einen Vorteil gegenüber resistiven Sensoren. Diese technische Methode eignet sich oft für raue Umgebungen. Hinzu kommt, dass die Membranen über resistiven Touch-Sensoren wesentlich anfälliger für Vandalismus sind. Dennoch hängt die Bewertung, wel-che Eigenschaften tatsäch-lich wichtig, notwendig, res-pektive vernachlässigbar sind, vom System ab. Eine Verifikation durch zahlreiche relevante Tests verhindert dann ungewollte Ergebnisse im längeren Betrieb.

PCAP Prinzip
Wirkprinzip eines PCT-Touches: Es werden elektrische Felder
generiert und die kapazitive Beeinflussung
(Ladungsabfluss nach GND) durch den oder die Finger
wird gemessen und ausgewertet

Wie viel Berührung muss es sein

Das zentrale Problem für Multitouch-Displays in industriellen Anwendungen sind mitunter die äußeren Einflüsse auf Displays: dauerhafte Vibrationen, elektrische Felder oder gar elektromagnetische Strahlung und instabile Massekonzepte. Der Algorithmus, das Hirn unter den verbauten Komponenten, muss daher erkennen können, ob ein Befehl durch die Berührung des Displays kommt oder dessen Ladungen von Störfaktoren verschoben werden. Ein Touch-Sensor kann das umso sicherer, je höher seine künstliche Intelligenz ist.

Touch Sensor
Um in kritischen Anwendungen mit z.B. losen leitfähigen
Stäuben (Kohle, Erze etc.) auf dem Touch-Sensor bzw.
den Verbindungsleitungen zum Controller sicher in
gegebener Zeit erkennen zu können, ob ein „echter“ Touch
vorliegt oder ein „Ghost-Touch“, benötigt man sehr
leistungsfähige Controller mit sehr leistungsfähigen
Rechen-Algorithmen.

Für sie wiederum ist entscheidend, wie viele Berührungen respektive Ladungs-verschiebungen zeitgleich detektiert und ausgewertet werden müssen. Während Multitouch-Displays in taktischen oder Gaming-Anwendungen bis zu 50 Berührungen gleichzeitig erkennen müssen, reichen für gewöhnlich zwei für die Industrie: Für Auswählen, Wischen, Drehen und Zoomen. Algorithmen sind schließlich von der „Brainware“ und der Rechenleistung abhängig. Je mehr Berührungen erkannt, berechnet und umgesetzt werden müssen, desto länger dauert der Vorgang. Je klüger der Algorithmus ist, desto mehr Performance muss zur Verfügung stehen, um in der gegebenen Latenzzeit den Befehl tatsäch-lich auch auszuführen. Je nach Branche und Industrie ist das sicherheitsrelevant. Natürlich besteht die Möglichkeit Algorithmen als Treiber zu programmieren und zum Beispiel auf leistungsfähige externe GPUs auszulagern. Oft werden aber kleine, preiswerte, vor-programmierte und direkt verbaute Chips genutzt, auch, wenn sie meist nicht einfach updatebar sind. Bei einfach updatebaren Lösungen können Systeme leichter getauscht bezie-hungsweise der benötigten Rechenleistung und Funktion angepasst werden.

Integration eines Touch-Sensors
Integration eines Touch-Sensors samt Controller und notwendigen
Verbindungsleitungen in ein Embedded System ist je nach Anwendung
eine sehr umfangreiche und systemkritische Aufgabe

Allerdings entstehen da-durch mehr Schnittstellen und somit höhere Kosten sowie aufwendigere Qualifi-kationstätigkeiten. Folglich entscheidet auch hier das System in Abhängigkeit der Sicherheitsrelevanz und der zu erwarteten Anforderun-gen über dessen Eignung.

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